Blogparade von Anna Koschinski – warum hast du mit dem Bloggen angefangen?
Hurra – es gibt sie wieder, eine Blogparade. Von Anna Koschinski zu dem Thema, warum habe ich mit dem Bloggen angefangen. Ich bin also gedanklich zu den Anfängen des Jahres 2017 zurückgekehrt und habe mich erinnert. Aber lest selber nach über den Ausflug eines analogen Geschöpfes in die virtuellen Weiten und macht vor allem gerne mit!
Vielen Dank auch an dieser Stelle an Anna für den Anstoß und an Christiane für die Weiterverbreitung.
Bloggen soll ich? Was heißt das überhaupt? Ist das nicht ein virtuelles Tagebuch, bei dem die Welt mitlesen kann? Und wer liest da überhaupt mit? Ich habe keine Ahnung, stamme aus dem analogen Zeitalter, in dem man mit Feder, Tinte und Papier unterwegs war. Ich kenne noch die Schreibmaschine, bei der du das Tippband umdrehen konntest, um die letzte Farbe aus ihm zu quetschen, kenne klemmende Buchstaben und lautes Fluchen, wenn sich in der letzten Zeile des Blattes ein Fehler einschlich und ich die gesamte Seite neu tippen durfte. Mein Jungmädchen -Tagebuch war klein und übersichtlich, roch nach pubertärem Drama, die orange und roten Farben auf dem Cover liefen willkürlich ineinander und ich verlor mich auf den Seiten. Niemand durfte es lesen, den einzigen Schlüssel zu meinen Worten besaß ich und allenfalls meine beste Freundin durfte kurz durch das Schlüsselloch gucken.
Und jetzt soll ich bloggen? Mich der Welt öffnen? Ich studiere „kreatives und biografisches Schreiben“ an der ASH in Berlin und in einem der Module habe ich als Prüfungsleistung die Wahl zwischen bloggen und dem Schreiben einer Hausarbeit. Da Letzteres überhaupt nicht in Frage kommt, entscheide ich mich für den Ausflug in die virtuellen Weiten und beginne.
Mein Herz schlägt laut, will ich denn überhaupt, dass andere lesen können, was ich schreibe? Was ich denke und fühle? Und wen bitte interessiert das? Nachdem ich die technischen Hürden genommen und mir ein Thema ausgedacht habe, sitze ich vor meinem Laptop und versuche mir klarzumachen, dass sowieso kein Mensch meine Texte lesen wird. Das hilft mir beim Schreiben, andernfalls habe ich Sorge, die apokalyptischen Reiter würden am Horizont erscheinen, ich könne gestalkt, gemobbt oder wie auch immer gequält werden – der grausamen Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt…
Doch nichts von alledem geschieht. Um nicht allzu viel von mir preis zu geben, entscheide ich mich für ein, wie ich finde, neutrales Thema. Ich will die Wirkung von Schreiborten auf den Schreibprozess untersuchen, meine These lautet: Vor dem Affenkäfig schreibt es sich anders als auf dem Friedhof. Mein Experiment ist klar umrissen, auf zwölf Blogbeiträge beschränkt und angenehm übersichtlich dadurch. Meine Kommilitonen*innen und ich – wir sollen uns gegenseitig feedbacken, das ist auch Bestandteil der Prüfungsleistung und ich freue mich auf die Antworten, merke, wie wichtig sie mir sind, die Kommilitonen*innen und die Antworten gleichermaßen. Das Bloggen schweißt uns zusammen, wir entdecken neue Facetten aneinander, glucksen schreibend glücklich gemeinsam, denn ein Text, der einsam im virtuellen Äther baumelt, wirkt wie ein Gehängter, hilflos, verloren, dem Nichts grenzenlos ausgeliefert. Texte wollen gelesen werden, wir Menschen sind Geschichtenerzähler*innen, aus den Geschichten entwickeln sich unsere Leben und unsere Leben entwickeln sich in die Geschichten hinein. So ist das.
Und dann kam der ganz große Durchbruch, die erste Blogparade! Innere Bilder und Worte verweben sich, ich begreife schlagartig den Zauber des Bloggens. Habe ich früher einsam mit der Schreibmaschine gekämpft oder auf hauchdünnes zartblaues Luftpostpapier ellenlange Briefe gekleckst und wochenlang auf Antwort gewartet, so sind jetzt meine mir Schreibnahen nur noch einen Click von mir entfernt. Das fühlt sich gut an. Ich liebe es, wenn Texte durch die Lüfte sausen, es gibt mir das Gefühl, dass ich nur kurz ins Leere greifen müsste, um eine erste Zeile zu fassen zu bekommen. Die Geschichten sind flügge geworden und ich bin stolz wie eine Henne, die ihren Küken bei den ersten Flugversuchen zusieht.
Es blieb nicht bei den zwölf Beiträgen. Das ahnte ich spätestens nach der ersten Blogparade. Zwischendurch musste ich berufs- und studiumsbedingt mal eine Pause einlegen, aber jetzt, da ich wieder begonnen habe, meine Geschichten hinauszuschreiben, merke ich erneut, wie sehr sie mir gefehlt haben. Und wie sehr ich mich freue, das Wortnetz noch bunter und vielfältiger, noch ideenreicher und lebendiger mit der Welt zu verweben. Ist das nicht eine wesentliche Funktion von Sprache, frage ich mich und drücke auf Enter.
5 Kommentare
Liebe Hedda, ich folge gern deinem Blog und bin ganz gespannt, was du noch so alles ausplauderst. Dein Fan Ursula
Liebe Ursula,
tja, wenn ich das immer im Voraus wüsste… aber es schreibt sich eben oft aus mir heraus, ohne dass ich großartig darüber nachdenke. Und das sind mir die liebsten Texte, sie dienen mir dann als Vorlage für weitere literarische Projekte.
Ich freue mich, dass du mein Fan bist!
Alles Liebe
Hedda
Liebe Anne, liebe Mia,
mir wurde auch ganz wehmütig ums Herz als ich an die Anfänge des Bloggens gedacht habe und die Art und Weise wie wir uns schreibend miteinander verbunden haben.
Schön, dass es solche Wortnetze gibt, in die man sich fallen lassen kann wie in eine Hängematte am pazifischen Strand.
Liebe Grüße
Hedda
Liebe Hedda,
ja genauso war es. Erst die Beklemmung: Mein Gott, was passiert da, wenn man seine Texte so mehr oder weniger gezwungen in die Welt hinausposaunt, denn wer will schon 15 Seiten Hausarbeit über so ein Digital-Thema schreiben. Dann lieber mit Schwung in das Haifischbecken des Blogs gesprungen. Und dann festgestellt, dass das Wasser überraschend warm ist und es sich in Begleitung wunderbar digital freischwimmen lässt. Ich fühle mich in diesem Pool nach wie vor sauwohl, lass uns weiter blockieren und paradieren.
Liebe Grüße
Anne
Liebe Hedda,
du hast mich mit auf eine Reise genommen, bin nochmal mit dir zurückgegangen an die Bloganfänge und habe die Unsicherheit, die Aufbruchsstimmung und die Verbundenheit von uns allen gespürt; das tue ich bis heute,
sei schreibend geherzt,
Mia