Hennis Blogadventkalender 22 – Tür 7
Wie in jedem Jahr entsteht auch während der diesjährigen Adventszeit eine Geschichte, von der wir am Anfang nicht wissen, wie sie enden wird. Wir springen von Blog zu Blog und hier könnt ihr genau sehen, auf welcher Seite sich welches Türchen öffnet.
Das geschah bisher:
Klara schaute aus dem Fenster ihrer kleinen Wohnung. Am Nachbarhaus leuchtete eine schrill flackernde Lichterkette.
Rot. Blau. Grün. Gelb. Aus. Rot, Blau. Grün, Gelb. Aus.
An ihrer Fensterscheibe waren außen kleine Eisblumen entstanden, die in den Farben der jeweiligen Farben leuchteten. Sie zeichnete alle behutsam mit ihrem Finger nach. Die Kälte ließ sie frösteln. Grün. Sie zog ihre Fleece-Jacke etwas enger um sich. Klara hasste es zu frieren, selbst wenn es für den Moment nur der kleine Finger war.
Gelb. Sie ging in die Küche und …
… holte ihren Tee, der jetzt lange genug gezogen hatte. Sie nahm den ersten Schluck, spürte die wohlige Wärme, stellte sich zurück ans Fenster und lehnte ihre Beine an die Heizung darunter.
Rot. Klara nahm im Augenwinkel eine leichte Bewegung hinter der Gardine wahr. Sie schaute hinab ins Fenster im 2. Stock. Blau. Sie hielt den Atem an, als …
… sich das Fenster einen Spalt breit öffnete. Die Person hielt sich aber offensichtlich hinter der Gardine verborgen. Es war nur eine Hand mit einem Stück eines Armes zu sehen, die sich mit einem Kochtopf aus dem Fenster streckte. Als die Lichterkette zu Gelb wechselte, stellte die Hand den Kochtopf auf dem Fensterbrett ab und der Arm mit der Hand zog sich schnell wieder zurück. War der Arm nackt gewesen? Steckte die Hand in einem orangefarbenen Handschuh Das Fenster schloss sich wieder. Aus dem Kochtopf quoll Dampf. Dieser waberte durch das Rot der Lichterkette. Trotz der Heizungswärme an ihren Beinen fröstelte es Klara …
Blau. Der Dampf durchdrang Klaras Gedanken und versetzte sie in ein Erlebnis vor einem Jahr. Grün. Sie hatte ein Date mit Justus gehabt und als Nachtisch hatte er ihr Waldmeister-Wackelpudding angeboten. Geht´ s noch? Das war der erste Moment gewesen, dass Klara angefangen hatte zu zweifeln, dass er der Richtige für sie ist. Gelb schmeckte die Eifersucht auf ihrer Zunge, als sie gegenübersah, wie der Kochtopf vom Fensterbrett rutschte und zu Boden fiel…
„Ach herrje. Ach herrje. Fritz! Fritz, der Wackelpudding!“ Grün. Die Stimme von nebenan, die nach Missgeschick und Ärger und Angst klang, verfolgte das laute Scheppern des Topfes, der mitsamt seinem grünen, süßen Inhalt auf die Straße vor das Nachbarhaus fiel und dort noch ein wenig auf dem schmalen Bürgersteig herumkullerte.
„Was ist denn?“, rief Fritz, der vermutlich wieder vor seinem Fernsehgerät saß, während seine Frau Helga ihr gemeinsames Essen zubereitete.
Klara musste lachen. Beide waren gut in der ganzen Straße zu hören. Sie erinnerte sich daran, dass Fritz genauso wie seine Frau Helga ein Hörgerät hatte. Oft schon hatte sie im Sommer, wenn die Fenster geöffnet waren ihr jeweiliges Fernsehprogramm als auch ihre wenigen Gespräche mitgehört.
„Mmmh, lecker!“, schmatzte es von unten.
Während sich Helga völlig entsetzt die Haare raufte und immer noch fluchend die Bescherung beobachtete, hatte Klara schon die alte Dame dort unten entdeckt. Diese hatte sich unter dem Fenster auf den Bürgersteig gehockt. Sie saß da, selig wie ein kleines Kind, mit dem Kochtopf, dessen Inhalt wohl nicht ganz verloren gegangen war. Ihre braunen Augen blitzten, und mit einem strahlenden Lächeln genoss sie den restlichen Inhalt des Topfes. Helga schien nicht zu wissen, ob sie weinen oder lachen sollte. Ihr Mann, der inzwischen auch dazu gekommen war, erfasste mit einem Blick die ganze Situation und blickte sprachlos, entsetzt nach unten. Klara empfand ein bisschen Mitleid, obwohl sie das grüne Wabbelzeug damals echt nicht mochte. Die alte Dame hob den Kopf zu dem Fenster wo Helga und Fritz standen und…
…rieb sich die Augen. „Ist das richtig so oder fange ich jetzt an zu spinnen. Hat nicht eben eines der Lichter in Magenta geleuchtet? Ganz kurz nur?“ Blau. Rot. Alles schien wieder im Lot zu sein. Die alte Frau fröstelte. Gelb. Sie musste daran denken, wie sie vor einigen Tagen fassungslos vor dem Regal mit den Bio- Eiern stand und das Gefühl hatte, als hätte eine Nikolaushenne heimlich ein rotes Ei in den grünen Pappkarton geschmuggelt. Wie war sie nur darauf gekommen? Hatte sie jetzt etwa Halluzinationen?
Ihr Blick wanderte erneut zu Helga und Fritz. Ob die beiden Nikolaushennen kennen würden? Vielleicht sollte sie die zwei einmal ansprechen, sie wirkten so lebenserfahren und klug. Auch, wenn Helga sich immer noch die Haare raufte.
Klara hielt kurz die Luft an, als…
Ich danke Sabine, die wie jedes Jahr diesen Adventskalender initiiert und organisiert hat und Tanja Graumann für ihre Illustrationen, die die Texte sehr bereichern…
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